Zwischen Leidenschaft und Zwang: die Gefahr der Sportsucht #52

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Sportsucht – “Gefährliche Muster in meiner Sportleidenschaft”
Ich erzähle dir kurz etwas aus meinem Leben und wieso ich überhaupt über dieses Thema schreibe. Manche, die mich gut kennen, wissen um meine langjährige Affinität zum Sport. Schon seit meiner Kindheit habe ich mich diesem Bereich verschrieben.  Im Kindesalter widmete ich mich bereits intensivem Kunstturntraining, begleitet von zahlreichen Wettkämpfen. Doch seit nun, gut einem Jahrzehnt liegt mein Fokus auf dem Kraftsport.

Im Jahr 2016 erreichte ich einen bedeutenden Meilenstein in meiner sportlichen Laufbahn, indem ich an drei Bodybuilding-Wettkämpfen teilnahm. Der Höhepunkt war zweifellos der Gewinn des ersten Platzes als Miss Fitness 2016 bei der Schweizermeisterschaft der SNBF (Swiss Natural Bodybuilding and Fitness Federation). Ein absoluter Triumph, der mir grosse Freude bereitete.

Doch inmitten dieser Erfolge wurde es nach und nach immer schwieriger. Ich begann mich zunehmend zu isolieren, definierte mich ausschliesslich über Sport und Ernährung und es gab kaum ein anderer Fokus in meinem Leben. Dies führte dazu, dass ich in einen Teufelskreis geriet, eine Phase in meinem Leben, in der ich mich regelrecht in meiner sportlichen Begeisterung verloren habe. Diese Phase führte mich in ein gefährliches Terrain, das als ‘Sportsucht’ bezeichnet wird.

Sport – ein Wort, das oft mit Gesundheit, Freude und Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird. Regelmässige Bewegung und körperliche Aktivität sind zweifellos entscheidend für ein gesundes Leben. Er fördert die körperliche Gesundheit, stärkt das Selbstbewusstsein und schafft soziale Bindungen. Aber was passiert, wenn die Liebe zum Sport ausser Kontrolle gerät und zur Obsession wird? In einigen Fällen kann aus der Liebe zum

Sport eine regelrechte Sucht werden, die nicht nur das Leben des Betroffenen, sondern auch sein soziales Umfeld beeinflusst.
In diesem Blogpost werden wir uns ausführlich mit dem Thema Sportsucht auseinandersetzen und versuchen, zu verstehen, wie sie sich entwickelt, welche Auswirkungen sie haben kann und wie man ihr begegnen kann.

Was ist Sportsucht?

Sportsucht, auch als “Exercise Addiction” oder “Sportabhängigkeit” bezeichnet, ist eine psychische Störung, bei der der Betroffene einen übermässigen und zwanghaften Drang zum Sporttreiben verspürt. Diese Sucht äussert sich in Form von übermässigem Training, Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und einem zwanghaften Verhalten, das dem Sport Vorrang vor allem anderen gibt.

Es gibt sicherlich gewisse Ausnahmen oder wenn ein Sportler explizit auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitet bzw. trainiert, kann es zeitweise zu scheinbar „übertriebenem“ Sportkonsum kommen, ohne dass es gleich eine Sportsucht mit sich bringt. Wichtig ist, dass man eine gesunde Balance hat und langfristig, weder körperlich noch psychisch darunter leidet. Ich denke, der Leidensdruck sagt sehr viel darüber aus, ob es sich um eine Sucht / einen Zwang handelt.

Der Begriff “Sportsucht” ist umgangssprachlich und bezieht sich auf ein extremes und ungesundes Verlangen nach körperlicher Betätigung und Sport. Er ist nicht als medizinische Diagnose anerkannt, obwohl einige Aspekte mit psychologischen Störungen wie Suchtverhalten und Zwangsstörungen in Verbindung gebracht werden können. Der Begriff “Sportsucht” ist umgangssprachlich und bezieht sich auf ein extremes und ungesundes Verlangen nach körperlicher Betätigung und Sport. Er ist nicht als medizinische Diagnose anerkannt, obwohl einige Aspekte mit psychologischen Störungen wie Suchtverhalten und Zwangsstörungen in Verbindung gebracht werden können.

Anzeichen und Symptome

Es ist wichtig zu beachten, dass Sport an sich gesund und förderlich für die körperliche und psychische Gesundheit sein kann. Sportsucht tritt nur auf, wenn das Verlangen nach sportlicher Betätigung so übermässig wird, dass es das Leben der betroffenen Person negativ beeinflusst oder einschränkt. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder, der regelmässig Sport treibt, von Sportsucht betroffen ist. Sport ist in der Regel gesund, solange er in Massen betrieben wird und das Wohlbefinden fördert. Wenn jedoch Anzeichen von Sportsucht auftreten, wie übermässiges Training, Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und Gesundheitsprobleme, ist es ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um angemessene Unterstützung und Behandlung zu erhalten.

 

Übermässiges Trainingsverhalten: Personen, die von Sportsucht betroffen sind, trainieren häufig über ihre physischen Grenzen hinaus, ignorieren Ermüdung und Verletzungen.

 

Vernachlässigung anderer Lebensbereiche: Das exzessive Training kann dazu führen, dass andere wichtige Lebensbereiche wie Familie, Freundschaften, Arbeit und soziale Aktivitäten vernachlässigt werden und sich der Betroffene häufig isoliert.

 

Negative Auswirkungen auf die Gesundheit: Sportsucht kann zu körperlichen und psychischen Gesundheitsproblemen führen, darunter Verletzungen, Erschöpfung, Schlafstörungen und Angstzustände.

 

Zwanghaftes Verhalten: Personen mit Sportsucht können ein zwanghaftes Bedürfnis verspüren, Sport zu treiben, selbst wenn es ungesund oder schädlich ist.

 

Wenn du denkst, dass du oder jemand, den du kennst, von Sportsucht betroffen sein könnte, ist es ratsam, professionelle Hilfe von einem Arzt oder Psychologen in Anspruch zu nehmen, um angemessene Unterstützung und Behandlung zu erhalten.

 

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Ursachen und Entstehung

Die Ursachen für Sportsucht können vielfältig sein und sind oft das Ergebnis einer Kombination verschiedener Faktoren. Einige der häufigsten Ursachen und Risikofaktoren sind:

Persönlichkeit: Menschen mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften, wie Perfektionismus, Wettbewerbsfähigkeit und einem starken Verlangen nach Erfolg, neigen möglicherweise eher zur Entwicklung von Sportsucht.

Stressbewältigung: Sport kann als Bewältigungsmechanismus für Stress dienen. Personen, die unter chronischem Stress stehen, könnten dazu neigen, Sport als eine Möglichkeit zur Stressreduktion und Entspannung zu missbrauchen.

Körperbild und Selbstwertgefühl: Menschen, die ein negatives Körperbild haben oder ein niedriges Selbstwertgefühl empfinden, könnten Sport nutzen, um ihr Selbstwertgefühl zu steigern oder um körperliche Veränderungen zu erzwingen.

Soziale Einflüsse: Das soziale Umfeld kann eine Rolle spielen. Wenn eine Person von Freunden, Familie oder der Gesellschaft stark dazu ermutigt wird, Sport zu treiben und sportlichen Erfolg zu erzielen, kann dies das Risiko einer Sportsucht erhöhen.

Neurochemische Faktoren: Neurochemische Veränderungen im Gehirn, wie die Freisetzung von Endorphinen während des Trainings, können zu einem positiven Verstärkungseffekt führen und das Verlangen nach Sport verstärken, ähnlich vergleichbar wie mit Drogen.

Frühere Verletzungen: Sportverletzungen und der Wunsch, sich zu rehabilitieren und wieder in den Sport einzusteigen, können dazu führen, dass Menschen übermässig trainieren und die Genesung vernachlässigen.

Umweltfaktoren: Die Verfügbarkeit von Sporteinrichtungen und die kulturelle Betonung von körperlicher Fitness und sportlicher Leistung können eine Rolle spielen.

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Folgen einer Sportsucht

Sportsucht, kann eine Vielzahl von gesundheitlichen, sozialen und psychologischen Folgen mit sich bringen. Hier sind einige der möglichen Konsequenzen:

Körperliche Gesundheitsprobleme:

  – Übertraining: Personen mit Sportsucht neigen dazu, ihre körperlichen Grenzen zu ignorieren, was zu Übertraining und Überlastung von Muskeln und Gelenken führen kann.

  – Verletzungen: Aufgrund des übermässigen Trainings besteht ein höheres Risiko für Verletzungen wie Muskelrisse, Sehnenentzündungen und Stressfrakturen.

  – Hormonelle Störungen: Extremes Training kann zu hormonellen Ungleichgewichten führen, insbesondere bei Frauen, und Menstruationsstörungen oder den Ausfall der Menstruation  (Amenorrhoe) verursachen.

  – Immunsystemschwäche: Übertraining kann das Immunsystem schwächen, was zu vermehrten Infektionen führen kann.

  – Erschöpfung und Müdigkeit: Menschen mit Sportsucht sind anfällig für chronische Erschöpfung und Schlafstörungen.

Psychische Gesundheitsprobleme:

  – Angst und Depression: Sportsucht kann zu Angstzuständen und Depressionen führen, speziell, wenn Betroffene aufgrund von Verletzungen oder Zwängen den Sport nicht ausüben können.

  – Zwanghaftes Verhalten: Das zwanghafte Bedürfnis, Sport zu treiben, kann die Lebensqualität beeinträchtigen und zu sozialer Isolation führen.

  – Essstörungen: Sportsucht kann mit Essstörungen einhergehen, da Betroffene ihr Essverhalten kontrollieren, um Gewichtsverlust oder Leistungssteigerung zu erreichen.

Soziale und berufliche Auswirkungen:

  – Vernachlässigung sozialer Beziehungen: Sportsucht kann dazu führen, dass Betroffene ihre sozialen Aktivitäten und Beziehungen vernachlässigen.

  – Probleme am Arbeitsplatz: Wenn Sport zur Priorität wird, können berufliche Verpflichtungen vernachlässigt werden, was zu Schwierigkeiten am Arbeitsplatz führen kann.

Körperbild und Selbstwertgefühl:

  – Paradoxe Auswirkungen: Obwohl der Sport ursprünglich zur Verbesserung des Selbstwertgefühls und des Körperbildes genutzt werden kann, kann die Sportsucht zu einem negativen Selbstbild führen, da die Betroffenen oft die eigene Wahrnehmung bzw. das Selbstbild „verlieren“ und die eigenen Leistungen nie ausreichend erscheinen.

Behandlung und Bewältigung der Sportsucht

Die Bewältigung und Behandlung von Sportsucht erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise und sollte individuell auf die Bedürfnisse und Herausforderungen jeder betroffenen Person zugeschnitten sein. Hier sind einige Schritte und Ansätze zur Bewältigung einer Sportsucht:

Einsicht und Akzeptanz: Die erste wichtige Phase ist die Einsicht in das Problem und die Akzeptanz, dass Sportsucht vorliegt. Dies kann für Betroffene schwierig sein, da sie möglicherweise glauben, dass ihr übermässiges Training normal ist.

Professionelle Hilfe: Es ist ratsam, professionelle Hilfe von einem Arzt, Psychologen oder Therapeuten in Anspruch zu nehmen, der Erfahrung in der Behandlung von Suchtverhalten und Essstörungen hat. Diese Fachleute können eine genaue Diagnose stellen und einen Behandlungsplan erstellen.

Entwöhnung: In einigen Fällen kann es notwendig sein, das übermässige Training zu reduzieren oder vorübergehend zu stoppen, um dem Körper Zeit zur Erholung zu geben und um den zwanghaften Trainingskreislauf zu durchbrechen.

Psychotherapie: Therapieansätze wie kognitive Verhaltenstherapie (CBT), Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) oder Interpersonelle Therapie können helfen, die zugrunde liegenden Ursachen der Sportsucht zu identifizieren und gesündere Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Unterstützung und soziales Netzwerk: Die Unterstützung von Freunden und Familie ist entscheidend. Gruppen- oder Selbsthilfegruppen können ebenfalls hilfreich sein, um mit anderen Menschen in ähnlichen Situationen in Kontakt zu treten und Erfahrungen auszutauschen.

Ernährung und Essverhalten: In einigen Fällen kann eine Zusammenarbeit mit einem Ernährungsberater notwendig sein, um gesunde Essgewohnheiten wiederherzustellen und den Zusammenhang zwischen Ernährung und Sport zu verstehen.

Stressbewältigung und Entspannungstechniken: Die Entwicklung von gesunden Stressbewältigungsstrategien und Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation kann dazu beitragen, den Drang zum übermässigen Training zu reduzieren.

Langfristige Veränderungen: Die Behandlung von Sportsucht erfordert oft langfristige Veränderungen im Lebensstil und in der Denkweise. Die Betonung sollte auf einem ausgewogenen Lebensstil liegen, der Sport als Teil, aber nicht als Zentrum des Lebens einschliesst.

Ultimate Fazit

Sportsucht ist ein ernstes Problem, das das Leben der Betroffenen erheblich beeinflussen kann. Ich fand mithilfe professioneller Unterstützung, Therapie, enormer Geduld, Selbstdisziplin und Selbstfürsorge wieder aus dem unglaublichen Leidensdruck und der Abwärtsspirale raus. Es war ein anspruchsvoller Weg, aber letztendlich habe ich es geschafft, meine Balance und mein Wohlbefinden wiederherzustellen und Kraftsport wieder als meine Leidenschaft zu sehen und keinen Zwang.

Bei Anzeichen von Sportsucht insbesondere erkennbar durch einen grossen Leidensdruck, sollten Betroffene und deren Angehörige nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Sucht zu bewältigen. Ein langfristiges ausgewogenes Verhältnis zwischen Sport und anderen Lebensbereichen ist entscheidend für ein gesundes und erfülltes Leben.

SRF DOK

Im Jahr 2019 hatte ich die Chance, in einer dreiteiligen SRF-Dokumentation über Sportabhängigkeit mitzuwirken. Vielleicht hast du es gesehen? Die Serie tauchte tief in die Welt der Sportabhängigkeit ein, und ich war einer der Menschen, die ihre persönlichen Geschichten und Erfahrungen teilen durften. Für mich war das nicht nur eine Gelegenheit zur Selbstreflexion, sondern auch eine Plattform, um das Bewusstsein für ein oft missverstandenes Thema zu schärfen. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, kannst du die vollständige Dokumentation hier anschauen. Ich hoffe, meine Geschichte kann dich dazu inspirieren, einen gesunden und ausgewogenen Lebensstil zu verfolgen, während sie auch die Risiken und Herausforderungen beleuchtet, die mit einer übermässigen Hingabe an Sport verbunden sein können.